ANNETT LOUISAN
BERLIN, KAPSTADT, PRAG
(Ein Coveralbum, 10 Songs in 10 Tagen)
Der Titel stellt direkt klar, dass hier jemand auf Reisen ist. Unterwegs mit dem Ziel, mal wieder bei sich selbst vorbeizuschauen. Obwohl es sich bei "Berlin, Kapstadt, Prag" sozusagen um ein 'Übergangsalbum' auf dem Weg zu einem neuen Studio-Album handelt, ist dieser musikalische Zwischenschritt von immenser Bedeutung. Ein essentielles Coveralbum? Unbedingt - denn es ist schließlich die Route, die darüber entscheidet, ob man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ankommt.
Unten rum dreckig.
"Als ich während der Arbeiten an meinem nächsten Album in Berlin war, habe ich festgestellt, dass ich eine musikalische Luftveränderung brauche. Als dann die Versionen aus 'Sing meinen Song' rund um die Zeit in Kapstadt zu ganz neuer Wahrnehmung geführt haben, ergab sich fast automatisch die Lust, das Ganze noch auf die Spitze zu treiben. Aus einem Demo wurde der Gedanke: Warum eigentlich nicht? Was für ein Abenteuer, sich mehr oder weniger unvorbereitet Songs zu nähern, die überhaupt nicht naheliegend sind! Aus purem Spaß ist dann in Prag ein Album entstanden, das sich anfühlt, wie Urlaub. 'Berlin, Kapstadt, Prag' - diese Route gehört zusammen, weil das eine ohne das andere nicht stattgefunden hätte. Der ganze Prozess erinnert mich an meine Jugend - an die Zeit, in der man versucht, seine eigene Stimme zu finden. Auf der Suche danach, was einen ausmacht, indem man sich an anderen orientiert, um sich bewusst davon wegzubewegen. Um zu wissen, wo zuhause liegt, muss man erst mal weggehen - und das ist gar nicht so einfach. Diese Songs liebe ja nicht nur ich, sondern auch Millionen andere und sie sich zu eigen zu machen, ist eine Herausforderung. Ich wollte mich überraschen lassen und dabei hat auch mein Produzent eine zentrale Rolle gespielt. Wir haben uns Songs zugeworfen, auf die ich allein nicht gekommen wäre. Das Konzept bestand nur darin, dass es sich um deutschsprachige Titel handeln und die Produktion unbedingt klein und intim bleiben sollte. Kein großer Aufriss, bloß kein Orchester, gerne etwas schrammelig und bitte nicht so artig. 'Berlin, Kapstadt, Prag' ist all das tatsächlich geworden und das Arrangement ist quasi 'unten rum' manchmal richtig schön dreckig."
Dem 'Kritischen Ich' ein Bein stellen.
"Es ist erstaunlich befreiend, ein Album zu machen, bei dem man sich voll auf eine Sache konzentrieren darf. Ich bin grundsätzlich fleißig und brenne für meine Musik, aber wie jeder Mensch bin ich auch fehlerhaft; ich übernehme Rollen, aus denen ich herauswachse, und habe Phasen, in denen ich das Rampenlicht scheue. Es ist an der Zeit, auch diese Seite von mir zu bereisen und das Besondere daran zu entdecken. Vollkommen bewusst haben wir dem 'Kritischen Ich' also ein Bein gestellt und in 10 Tagen 10 Songs produziert, ohne viel darüber nachzudenken. Wir haben alles gegeben, nachts gesagt 'that's it' und das Lied dann einfach für sich stehen lassen. Das macht heute eigentlich keiner mehr. Albumproduktionen dauern oft Monate oder sogar Jahre und dabei kann man sich schon mal selbst überholen. 'Berlin, Kapstadt, Prag' dagegen war ein einziger Sprint. Wie live spielen mit tollen Musikern, denen man hundertprozentig vertraut. So ein Marathonspurt schweißt natürlich extrem zusammen und lebt vom unmittelbaren, ehrlichen Gefühl, gemeinsam ein Risiko einzugehen - und durch diese Euphorie entsteht eine Menge Liebe. Die Zeit im Studio war wie ein Rausch und wir haben uns gefühlt, wie auf einer Klassenfahrt. Es hat alles perfekt zusammengepasst: Die Suche nach Herausforderung mit all ihren Zweifeln ist eine Reise mit unbekanntem Ausgang - genauso wie es für uns 'Berlin, Kapstadt, Prag' war. - Und unterwegs haben uns einige der Begegnungen echt umgehauen."